Psychologie Hund und Herrchen - wer beherrscht da wen?
Unter Tierfreunden gibt es zwei Lager: Der eine ist ein Katzen-, der andere ein Hunde-Mensch. Was da bei Herrchen und Hund genau abläuft, wird nun genau untersucht. Schon jetzt sagt der Chefforscher: Ein Hund stellt für Männer oft das verlängerte Ego dar. Für Frauen ist er mehr ein Sozialgefährte.
Verhaltensforscher Kurt Kotrschal Foto: Uni Wien Wien - Die Zugehörigkeit - so die landläufige Meinung - sagt so einiges über den Menschentyp aus. Der Verhaltensforscher Kurt Kotrschal geht nun den „Hunde-Menschen“ auf die Spur. In seinem Forschungsprojekt "Hund und Halter" analysiert er die Mensch-Tier-Beziehung.
"In unserer Forschung behandeln wir die Mensch-Tier-Beziehung wie eine richtige Sozialbeziehung", erklärt Kotrschal, Professor am Department für Neurobiologie und Kognitionsforschung der Uni Wien. „Auch dieses Zusammenleben ist von Konflikten und Lösungen geprägt. Sowohl Tier als auch Mensch müssen sich immer wieder neu positionieren. Wir wollen herausfinden, wie sich die Persönlichkeiten und ihre Verhaltensweisen gegenseitig beeinflussen."
Jagdgemeinschaft Wolf und Mensch
Die Interaktion von Wolf und Mensch zählt zu den am längsten belegten Mensch-Tier-Beziehungen. So sind die ältesten gemeinsamen Funde von Menschen- und Wolfsknochen über 15.000 Jahre alt. Molekulargenetische Daten zeigen allerdings, dass die Partnerschaft schon viel älter sein muss - etwa 100.000 Jahre. Die ältesten Zeichnungen, die Mensch und Hund gemeinsam auf der Jagd zeigen, sind 8.000 Jahre alt und stammen aus dem algerischen Tassili-Gebirge. Zum Vergleich: Das Schaf ist seit etwa 7.000 Jahren domestiziert. "Der Hund wurde sicherlich nicht im klassischen Sinn domestiziert. Mensch und Hund durchliefen gemeinsam eine so genannte Ko-Evolution", erklärt der Verhaltensforscher: "Ähnliche Lebensweise und soziale Organisation von Menschensippen und Wolfsrudeln führten offenbar zu dieser frühen Annäherung."
Bester Freund Hund
In den letzten Jahrzehnten hat sich das Verhältnis gewandelt: Aufgrund der generellen Entwicklung hin zur Kleinfamilie ist auch die Beziehung zum "besten Freund Hund" privater geworden, vor allem in Städten. "Für das Projekt haben wir deshalb Stadtmenschen ausgewählt", so Kotrschal. Das Team hat mittlerweile zehn Männer und zehn Frauen mit je einem unkastrierten Rüden, der zwischen 18 Monate und sechs Jahre alt ist, ausgesucht. Die meisten der Besitzer sind Single oder leben alleine mit ihrem Hund, den sie schon seit Welpenalter kennen. "Uns ist es wichtig, dass es sich beim Mensch-Hund-Verhältnis um eine gewachsene Beziehung handelt", erklärt der Verhaltensforscher.
Brot und Spiele
Das Team um Kotrschal wird bei Hausbesuchen das Wesen und den Charakter von Hund und Haltern genauestens analysieren. Bei den Besitzern werden zuerst standardisierte Persönlichkeitstests durchgeführt und anschließend die Einstellung dem Hund gegenüber festgestellt. "Wird der Hund als Sportgerät, Fußabstreifer oder als vollwertiger Sozialpartner gesehen?", fragt Kotrschal. Anschließend werden Hund und Besitzer in Interaktion beobachtet, etwa beim gemeinsamen Spaziergang oder bei der Nahrungszubereitung und dem -verzehr.
Auch spielerische Tests erzählen den Forschern mehr über das Verhältnis. So besteht eine der Aufgaben darin, dem Tier innerhalb einer bestimmten Zeit einen Trick beizubringen. "Hier schauen wir, wie das Herrchen agiert - herrisch oder sanft? - und gleichzeitig, wie der Hund darauf eingeht. Ist er eingeschüchtert, gestresst oder macht es ihm Spaß?" Den Stresshaushalt des Hundes können die Forscher durch Speichelproben sehr genau bestimmen: Je mehr Kortisol (ein Stoffwechselhormon) sich im Speichel befindet, desto gestresster der Hund. Und das ist ein Indikator, ob die Beziehung in bestimmten Situationen generell von Stress geprägt ist.
Unterschiede zwischen "Frauchen" und "Herrchen"
Auch das Geschlecht spielt in der Beziehung keine unwesentliche Rolle - sowohl beim Hund als auch bei den Besitzern. "Wir untersuchen zu Beginn des Projekts zunächst nur Rüden und werden dabei auf Unterschiede achten, wie Frauen und Männer jeweils mit ihren Hunden umgehen und wie sich das wiederum auf das Verhalten der Hunde auswirkt", so Kotrschal: "Allgemein kann ich schon jetzt sagen, dass ein Hund für Männer oft das verlängerte Ego darstellt, während er von Frauen mehr als Sozialgefährte gesehen wird."